Freitag, 30. Dezember 2016

Wider der Zahlenmystik!

Ich möchte gerne etwas zu dem Buch "Gottes geheime Formel" von Peter Plichta sagen. Für die faulen Leser, hier eine Zusammenfassung:

Ganz kurz: Peter Plichta setzt uns ein Kartenhaus vor, das einem wissenschaftlichen Anspruch nicht gerecht wird und unter kritischer Betrachtung ohne jeden Widerstand in sich zusammenstürzt.

Es fängt ganz harmlos an: Er möchte erklären, was die Grundlage der Welt ist und dies auch umfänglich begründen. Dabei zieht er sich auf das sogenannte "Primzahlkreuz" (der Name ist irreführend; es handelt sich um das Kreuz derjenigen Zahlen, die nicht durch 2 oder 3 teilbar sind) und das Pascal'sche Dreieck zurück. In diesen beiden simplen Zahlenstrukturen entdeckt er einige einfach zu beweisende, arithmetische Zusammenhänge, die nicht zu beanstanden sind.

Aber dann: Das Problem beginnt danach: Da er von der Wichtigkeit der Primzahlen und des Dezimalsystems implizit ausgeht, versucht er, jede gefundene Formel in einen solchen Zusammenhang zu stellen. Dabei schreckt er auch nicht davor zurück, nach Belieben die Regeln zu ändern (etwa, 2 und 3 nicht als Primzahl zu werten, dafür jedoch -1 und 1, Zahlen doppelt zu zählen um auf eine runde Summe zu kommen, nach Belieben Zeilen im Dreieck eine Wichtigkeit zuzuweisen). Beweise dafür gibt er jedoch nicht; die Zusammenhänge werden als göttliche Fügung vorgestellt (obgleich sie alle aus den starren Regeln der Arithmetik folgen). Eine gefundene Formel untersucht er mithin nicht darauf, ob sie in ähnlicher Weise auch für andere Zahlen gilt; nur seine Lieblingszahlen sind von Belang.


Aber dann: Eifrig weist er folgend darauf hin, dass ähnliche Effekte auch auftauchen, wenn man manche (!) Objekte der realen Welt mitsamt ihren Maßzahlen vereinfacht darstellt (etwa Rundungen oder spezielle Auswahl entsprechender Größen, vereinfachte physikalische Gesetze, grobe Gruppierungen) oder diese der Reihe nach zählt. Selbst mathematische Konstanten wie e zerlegt er (mit der bekannten Reihendarstellung) in natürliche Zahlen, was er als Zusammenhang zum "Primzahlkreuz" deutet, da auch dort natürliche Zahlen auftauchen. So kommt es, dass er die Dauer eines siderischen Monats, den absoluten Temperaturnullpunkt, die kosmische Hintergrundstrahlung und in letzter Konsequenz den genauen Wert von pi auf einen einzigen gemeinsamen Ursprung zurückführen möchte, weil er fest davon ausgeht, dass es einen einfachen Grundbauplan geben muss.

Sagt jeder in der ganzen Stadt: "Typisch PP!": Sein Argument ist dabei stets eine Abart von "cum hoc ergo propter hoc": Er selbst würde die Welt nach einem einfachen Plan bauen, für den ihm Primzahlen prädestiniert erscheinen, und sowohl im "Primzahlkreuz" als auch in den von ihm ausgewählten realen Objekten kommen ähnliche Zahlenspielereien vor - deswegen muss das "Primzahlkreuz" als Grundlage allen Seins "bewiesen" sein. Mit der von ihm oft angesprochenen Logik hat dies bekanntlich nicht viel zu tun. Er zeigt lediglich auf, wie man mit viel Mühe an manchen Orten des Universums einfache Zahlenformeln finden kann (was nicht erstaunlich ist, da man vieles zählen kann). Umfassende, kompliziertere Theorien lehnt er kategorisch ab und bezeichnet sich wahlweise als lächerlich, naiv oder elitären Versuch, die Mystik aus der Welt zu verbannen. Er setzt dogmatisch voraus, dass alles in der Welt einfach, das heißt, durch kleine natürliche Zahlen gesteuert sein muss.

Er ist der Größte, der Beste, der schrägste Zahlenmystiker und Weltverdreher: Betrachtet man zudem noch, wie eifrig er den aktuellen Wissenschaftsbetrieb verdammt, wie er grundlegende Erkenntnisse und weithin gestützte Theorien der Physik (Welle-Teilchen-Dualismus, Raumzeit, Ausdehung des Kosmos, den Wert der Lichtgeschwindigkeit, subatomare Teilchen unterhalb des Protons), der Chemie (die genaue Anzahl der stabilen Elemente (Wismut ist nicht stabil), die Erkenntnisse über Elektronenorbitale und den Teilchenspin, Betrachtungen zur Kernstabilität, die Existenz auch instabiler Elemente) und der Biologie (Evolution) ablehnt, wie er komplizierte soziale Konstrukte verquer in stets 3 Teile gliedern möchte, und wie er die Euler'sche Formel "begründet", indem er die Anzahl der auftretenden Konstanten zählt und diese über graphische Analogien mit dem "Primzahlkreuz" zwanghaft in Verbindung bringt, so bleibt von dem ganzen Buch nichts weiter übrig als der traurige Beweis, dass ein Doktortitel nicht davor schützt, sich in einer fixen Idee zu verfangen und den Kontakt zur Realität und zur Logik gleichermaßen völlig zu verlieren.

Fazit: Finger weg von diesem Buch, sollte es nicht tatsächlich nur als reine Satire gedacht sein.


Kommen wir also zur langen, ausführlichen Version (die immer noch kürzer ist als das gesamte Buch oder gar das Gesamtwerk, also tragt es mit Fassung)

Es war ein Spaß und zugleich auch ein Trauerspiel! Kurz vor Weihnachten kam bei mir das Buch "
Gottes geheime Formel" von Peter Plichta an, eine allgemeinverständliche Zusammenfassung all der wunderbaren Wahrheiten, die besagter Autor über die Welt gefunden haben will. Ich habe es aufmerksam gelesen, mir überall, wo ich etwas auszusetzen hatte, Dinge an den Rand geschrieben (und kam damit auf dreimal so viele einzelne Anmerkungen wie Seiten (das muss doch etwas bedeuten!)), und nun ist es mir eine Freude der Welt mitzuteilen, wie wenig stichhaltig und an den Haaren herbeigezogen dieses Weltbild ist.

1 Ausgangssituation

Ich möchte keinen Hehl daraus machen, dass ich dieses Buch nur gekauft habe, weil ich mich ein wenig darüber auslassen wollte, was
Zahlenmystiker so für Unsinn verzapfen. (Es hätte auch keinen Sinn, dies zu leugnen, schließlich steht es öffentlich im Internet geschrieben.) Allerdings bin ich Rationalist genug, um meine Voreingenommenheit zurückzustellen und jedes Argument einzeln zu prüfen. Es wäre auch kein Spaß, jemandes Ideenwelt nur deswegen herabzustufen, weil sie anders ist; der intellektuelle Kämpfer zieht seine Genugtuung aus einem treffsicheren Argument, das seinem Gegner keine andere Wahl lässt, als einzulenken.

Mithin hoffe ich, dass PP oder einer seiner Jünger bereit ist, zumindest prinzipiell einzulenken, wenn er erkennt, dass er sich auf einem nicht haltbaren Weg befindet. Zwar habe ich keine Visionen oder schicksalshafte Begebenheiten vorzuweisen, die mich als den Träger der Wahrheit kennzeichnen, doch bin ich mit der Logik und noch viel mehr mit der Mathematik vertraut, und jemand wie PP, der oft und gerne an die Logik und Zahlenzusammenhänge appelliert, wird sich sicherlich beugen, wenn er erkannt, dass die gemachten
Schlussfolgerungen eben nicht logisch zwingend, auch nicht von Logik gestützt, sondern beliebig sind.

Außerdem möchte ich noch erwähnen (um einem möglichen Schutzargument gegen meine Darstellung zuvor zu kommen), dass ich zwar in gewissem Sinne der "Elite" der Wissenschaftler angehöre, die mit dem aktuellen Weltbild und mit den Methoden im wesentlichen zufrieden sind (wenngleich es immer noch viel zu tun gibt und freilich nichts als absolut gesichert gilt), dass ich aber weder finanzielle noch soziale Konsequenzen zu fürchten hätte, würde ich mich hier auf die Seite von PP stellen. (Auf diesem privaten Blog sind schon verrücktere Dinge geschehen.) Man darf mir also glauben, dass ich nach bestem Wissen und Gewissen argumentiere, und ich hoffe doch sehr, dass
ehrliche Kritik erwünscht ist, dass man sich mithin nicht dogmatisch an "Gottes geheime Formel" klammert, weil man die präsentierten Gedanken lieb gewonnen hat.

Jemand, der wie PP behauptet: 

  • "Das Rätsel, das sich hinter dieser materiellen Welt verbirgt, ist von mir unwiderlegbar gelöst",
  • "Die Entschlüsselung des Primzahlrätsels ist ein entscheidender geistiger Durchbruch durch die Mauer, vor der die gesamte Menschheit mit ihren nicht mehr zu lösenden Problemen steht",
  • "Ich wußte, daß das Gebäude [der Mathematik] zusammenbrechen wird",
der muss sich der Welt stellen, die ihn widerlegen möchte, indem sie darauf hinweist, dass hier kein Rätsel gelöst wurde, dass dies niemandem nützt und dass erst recht nichts zusammenbrechen wird, da kein einziger Widerspruch zur Mathematik aufgestellt wurde. Wer sich als Wissenschaftler, gar als Universalgelehrter sieht, wer über Dogmatik schimpft, der kann sich einer Kritik nicht entziehen, erst recht nicht mit einer plumpen, ins religiöse gehenden Ausrede:
"Das Primzahlkreuz ist [...] ein Modell des Bauplans, mit der die Unendlichkeit sich im Aufbau der Atome verwirklicht (verendlicht). Das hat logischerweise zur Folge, daß wir in dieser Sache keine Erfinder sind, sondern als Suchende etwas gefunden haben. Das bedeutet aber auch, daß es sich jeder menschlichen abfälligen Beurteilung von vorneherein entzieht [Hervh. d. d. V.]."
2 Was ich kritisieren werde und was nicht

Das Buch läuft über knapp 300 Seiten und enthält eine Mischung aus autobiographischen Elementen, chemischen und wissenschaftstheoretischen Betrachtungen und zahlentheoretischen Erläuterungen zum "Primzahlkreuz". Es versteht sich hoffentlich von selbst, dass ich an dieser Stelle nicht minutiös jeden Satz besprechen werde, und es sollte auch klar sein, dass ich nicht jeden einzelnen geäußerten Gedanken ablehne. Es ist jedoch nicht statthaft, mein Schweigen zu einem Punkt als implizite Zustimmung zu deuten; ich möchte lediglich kein Gegenbuch verfassen, sondern nur einen halbwegs kurzen Blogartikel. Zu den ersten drei Hauptpunkten im Buch daher nur so viel:

2.1 Die biographischen Elemente lesen sich locker, sie fügen sich passend in die Entwicklung der Theorie ein und wirken zu keiner Zeit gezwungen oder langweilig. Allerdings fehlen mir die Mittel, um alle geäußerten Punkte nachzuprüfen. Dies ist von Belang, da sich PP wiederholt zweier Motive bedient:
  • Er stellt sich zum einen als eine Art wissenschaftlicher Messias da, der schon zur Geburt von einem hellen Lichtstrahl beschienen wurde, ab und zu zart die Anwesenheit höherer Mächte spürt und dessen Schicksal vorgezeichnet zu sein scheint, die grundlegende Wahrheit aufzudecken,
  • und zum anderen berichtet er davon, wie Autoritäten der Wissenschaft in zweisamen Momenten in höchsten, überschwänglichen Tönen von ihm sprechen und ihn ausdrücklich ermuntern, sein Werk zu vollenden, da er der eine unter vielen sei.
Ob diese Unterstützung von mystischer wie auch wissenschaftlicher Seite der Wahrheit entspricht oder ob hier nur versucht wird, die eigene Position jeder Kritik zu entziehen, wie es die Bibel als "Wort Gottes" oder ein Autoritätsargument versucht, vermag ich nicht zu beurteilen (aufgrund der übermenschlichen Darstellung PPs bin ich jedoch skeptisch, denn ich stufe ihn lediglich als Menschen ein). Allerdings brauche ich mich damit auch nicht weiter zu befassen; mir geht es hauptsächlich um die geäußerten Theorien zu den Grundlagen der Welt, denn diese sind sauber angreifbar und auch ein Gesandter Gottes kann sich irren. Es ist mithin egal, wer eine Theorie äußert; wichtig ist allein ihr Inhalt.

2.2  PP ist von Hause aus Chemiker (auch wenn er sich eher als Universalgelehrter in einer Reihe mit sämtlichen großen Namen der Geschichte sieht), das merkt man dem Buch an. Viele Beispiele beziehen sich auf die Chemie, oft auf die stabilen Elemente, aber auch auf kompliziertere Begriffe. Mein persönliches Wissen über die Chemie beschränkt sich auf ein solides Abitur und das Internet, womit ich ihm zwar folgen, nicht jedoch jeder einzelnen dargestellten Idee im Detail nachspüren kann. PP scheint auf diesem Gebiet jedoch über vielfache Kenntnisse zu verfügen, sodass seine Thesen zumindest in Teilen plausibel klingen. (Für alle, die das zitieren möchten: vergesst nicht den Zusammenhang: ich rede hier allein über die chemischen Aspekte!)

Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass die angebrachten Fakten in manchen Fällen nicht mehr dem aktuellen Wissensstand entsprechen (den ich im Regelfall mittels Wikipedia und den dort verlinkten Quellen abgefragt habe) und dass etwa seine Theorie zur Bindung des Sauerstoffs im Blut und zu den Eigenschaften von Silanen teils sehr kritisch betrachtet werden (man sollte auch immer daran denken, dass vermeintliche "Wahrheiten" nicht deswegen unterdrückt werden, weil sie mystisch sind, sondern weil sie logisch nicht haltbar oder schlechter als andere Lösungsansätze sind; die Wirtschaft zumindest schaut lediglich aufs Geld). Damit möge sich jemand befassen, der vom Fach ist (so viel Zeit habe ich dann doch nicht, mich umfassend in die Chemie einzuarbeiten).


Ich möchte hier jedoch einen zentralen chemischen Punkt ansprechen, den er über das gesamte Buch verteilt anspricht und als Basis seiner Argumentation nimmt:
  • PP geht zentral davon aus, dass es genau 81 stabile Elemente gibt, und zur Zahl 81 gibt er sein 3-hoch-4-Gesetz an, dass der Zahl 81 eine besondere Bedeutung zuweist. Allerdings wurde unlängst festgestellt, dass neben den zwei Elementen mit Ordnungszahl 43 und 61 auch Wismut, das Element Nummer 83, nicht stabil ist und eine sehr hohe Halbwertszeit hat. (Möglicherweise sind auch andere Elemente nicht stabil mit noch höheren Halbwertszeiten.)
    In einem Video gibt PP erwartungsgemäß an, dass er dieses Ergebnis
    nicht akzeptiert, da es ihm so scheint, als würden die Wissenschaftler ihre Geräte so programmiert haben, damit die mystische Zahl 81 nicht mehr auftaucht. Er akzeptiert nur diejenigen Ergebnisse, die in sein Weltbild passen (so zweifelt er beispielsweise nicht an, dass es zu jedem Element höchstens zehn stabile Isotope gibt, da die 10 für ihn eine besondere Bedeutung hat).
Zudem ist nicht immer ersichtlich, ob er sein Weltbild aus didaktisch-anschaulichen Gründen vereinfacht darstellt oder ob er tatsächlich an das glaubt, was er über bekannte Theorien, oft eingestreut in Gespräche mit Geistesgenossen, sagt. Je mehr das Gespräch Richtung Physik abdriftet, desto mehr scheint er auf ein einfaches, anschauliches, mit simplen Formeln beschreibbares Universum zu pochen.
Da mir das physikalische Fachwissen fehlt, fällt es mir schwer, hier umfangreiche Gegendarstellungen zu verfassen. (Auch hier dürfen sich gerne andere daran versuchen.) Es ist jedoch bedenklich, wenn jemand meint, alle Messergebnisse in den Wind schlagen zu können, ohne selbst belastbare Voraussagen anbieten zu können, die über die implizit formulierte Grundvoraussage "wir finden, wenn wir lange genug suchen, irgendeine Primzahl (oder ihren Vorgänger, oder zumindest eine Formel mit Primzahlen), die mit den betrachteten Objekten zusammenhängt" hinausgeht.

Folgend eine lose Auflistung seiner Worte zu bekannten physikalischen Theorien:

  • "Ich halte unsere Vorstellung von Elektronentheorie für völlig falsch. Dahinter muß sich etwas ganz anderes verbergen." (Er bezieht sich folgend stets auf ein Schalenmodell mit festen, kreisförmigen Aufenthaltsorten für Elektronen, die durch das "Primzahlkreuz" angeblich vorgegeben werden.)
  • Er mag sich auch nicht mit der Ausdehung des Kosmos anfreunden oder mit dem atomaren Teilchen-Zoo. Kleinere Elementarteile als Protonen und Elektronen bezeichnet er lediglich als energetische Ereinisse, aus Symmetriegründen muss es nach ihm zudem genau so viel Materie wie Antimaterie geben.
  • "Da gebogene Räume für mich eher eine geistige Entgleisung [Hervh. d. d. V.] darstellen, bleibt auch jede fruchtbare Diskussion mit Physikern bis jetzt eine Illusion." Weil die Sonne schoneinmal falsch als sich drehend um die Erde gedeutet wurde, akzeptiert er gekrümmte Lichtstrahlen, die an der Sonne vorbei laufen, nicht als Belege für die Relativitätstheorie.
  • Auch lehnt er den Kerndrehimpuls ab und schiebt launig nach: "Die Theorie eines sich drehenden Teilchens muß aufgegeben werden." (An anderer Stelle geht er jedoch fest davon aus, dass es vier Quantenzahlen gibt.)
  • Die Rolle der Neutronen im Kern sieht er allein als "Leim", und diese Theorie findet er beschämend. Dabei ist die "Leim-Metapher" genau dieses: eine Metapher, und die energetischen Betrachtungen fallen komplett unter den Teppich. Diese zählen für ihn auch nicht; er möchte eine einfache, rein zahlentheoretische Formel (oder ein Muster), die angibt, wie viele stabile Isotope ein Element ausgehend von seiner Ordnungszahl besitzt.
  • Weil wir die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts nicht mit bloßen Augen erkennen können, lehnt er es ab, dem Licht eine Gechwindigkeit zuzuordnen. Für ihn misst man daher nur eine Verdünnung der Lichtintensität. Die Deutung von Licht als Photonenstrahl bezeichnet er zudem als naiv (obgleich einzelne Teilchen viel besser in sein Weltbild passen dürften als elektromagnetische Wellen).
  • Auch möchte PP die Erklärung gefunden haben, wieso viele verschiedene Wellen zugleich durch den Raum strömen können ohne sich zu reinem Chaos zu vermischen: die bisherige Erklärung genügt ihm nicht, aber es ist klar: der Raum transportiert alle Informationen aufs genaueste durch seine Primzahlstruktur. 
  • Weil auf molekularer Ebene chaotische Zustände herrschen, postuliert PP, dass es ein ordnendes Gesetz geben müsste, das die Ordnung in der makroskopischen Welt erklärt. Stochastische und strukturelle Effekte lehnt er ab, ja, er behauptet sogar, es wäre allen anderen egal, wie aus Chaos Orndung entsteht. Aber er habe die Antwort, nämlich eine unterliegende Primzahlstruktur. Wieso diese allerdings auf dem molekularen Level Chaos zulässt, auf dem Makrolevel aber Ordnung erzeugt, versucht er nichteinmal zu erklären.
Nochmals: ich bin kein Physiker, deswegen darf sich ein Physiker dieser Thematik annehmen und experimentelle Befunde anbringen. Und wenn nun jemand meint, mir als Nicht-Physiker sei es nicht gestattet, physikalische Theorien zu kritisieren, der sollte auch von PP einfordern, eine ausgearbeitete, umfangreiche Theorie nicht allein mit der Behauptung, sie wäre "an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten" und mit einer falschen Auffassung von Metaphern als ungültig einzustufen. Speziell sollte PP physikalische Grundgleichungen aus dem "Primzahlkreuz" ableiten und nicht nur feststellen, dass in solchen Grundgleichungen Zahlen und gewisse Anzahlen von Größen vorkommen, denn damit kann man jede Gleichung herleiten, auch die falschen.
   
2.3 An vielen Stellen äußert sich PP abwertend, gar verächtlich über den regulären Forschungsbetrieb. Die Wissenschaftler hätten es sich gemütlich gemacht, würden nicht mehr den wichtigen Fragen nachstellen, sondern nur noch möglichst komplizierte Theorien und Formeln entwickeln, und jeder, der mit wirlich neuen Ideen komme, würde (so wie er) nicht ernst genommen und verjagt. Ich persönlich gehe an mancher Stelle mit ihm mit (etwa in seiner Kritik daran, dass auch Wissenschaftler nicht vor Eitelkeit gefeit sind und es oftmals lange gedauert hat, bis sich eine heute akzeptierte Theorie durchgesetzt hat; wenn ich auch meine Abneigung gegen solche (nur allzu menschlichen) Machtspielchen in nicht ganz so extremer Weise äußern würde), aber oftmals kann ich seine Erfahrungen und Meinungen nicht bestätigen. 

Ich fühle mich frei, nach Belieben zu forschen, solange ich in der Lage bin, mein Ergebnis sauber und verständlich zu formulieren und zu belegen. Dieselbe Freiheit hat auch PP, allerdings auch dieselben Anforderungen an die Ergebnisse und Methoden. Mir scheint es eher so, als habe PP aus gekränkter Eitelkeit dem regulären Wissenschaftsbetrieb den Rücken gekehrt und sich seinen privaten Überlegungen zugewandt. Da für diese handfeste Belege fehlen, sieht er sich scheinbar verraten und ausgegrenzt, sogar darin bestätigt, dass er die Wahrheit gefunden hätte, vor der andere Angst hätten. 

Ich möchte nun den Beweis antreten, dass man seine Thesen fein säuberlich ablehnen kann, ohne jede ungerechtfertigte Ausgrenzung. Das wird PP zwar auch nicht gefallen, doch er kann sich nicht hinter vorgeschobenen Schutzbehauptungen verstecken. In der Wissenschaft kann man nicht einfach behaupten, ein Problem gelöst zu haben, und sich danach gegen Kritik immunisieren (anders sähe es aus, würde er einfach nur einen launigen Roman verfasst haben; manchmal hoffe ich, dass er sein Werk wirklich nur als einen solchen ansieht). Man sollte allerdings auch nicht leichtfertig eine neue Idee ablehnen. Daher bemühe ich mich hier um eine umfassende Kritik. (Diese soll auch eine Übung sein für Fälle, die nicht so leicht zu durchschauen sind.)

3 Das "Primzahlkreuz"

Die zentrale Behauptung des Buches ist, dass das "Primzahlkreuz" (mitsamt seinem "Bruder", dem Pascal'schen Dreieck bzw. einer fraktalen Version davon) die Grundlage für unsere gesamte physikalische, chemische, biologische und auch soziale Welt bildet. PP habe "die Bedeutung der Primzahlen für die Lösung des Welträtsels" entdeckt. Er könne "beweisen, daß hinter dieser Welt ein göttlicher Bauplan steckt." Dies ist natürlich eine große Behauptung, die da aufgestellt wird, und wäre die Theorie haltbar, so würde sich tatsächlich einiges in der Wissenschaft ändern (wenngleich nicht alles, denn mit dem aktuellen Wissensstand kommen wir, ganz gleich, wie die Welt im Innersten nun wirklich beschaffen ist, sehr gut zurecht). Ich sollte also zuerst erläutern, was dieses "Primzahlkreuz" ist und wo es herkommt, und dann, wieso es der Welt zugrunde liegen soll.

3.1 Definition des "Primzahlkreuzes"

Also gut, das sogenannte "Primzahlkreuz" (man mache sich eine Skizze):

  • Es ist eine grafische Darstellung aller natürlichen Zahlen (manchmal mit 0 und -1, manchmal ohne) etwa in der Art des Schalenmodells eines Atoms: Auf konzentrischen Kreisen befinden sich der Reihe nach jeweils 24 Zahlen, beginnend jeweils ganz oben und dann im Uhrzeigersinn in gleichmäßigem Abstand alle 150 Sekunden (vgl. mit dem Minutenzeiger einer Uhr). Auf dem inneren Kreis liegen die Zahlen von 1 bis 24, auf dem nächsten Kreis mit größerem Radius die Zahlen 25 bis 48, usw.
  • Das Kreuz im Namen sind die acht Strahlen, die vom Mittelpunkt ausgehend durch die Zahlen 6±1, 12±1, 18±1 und 1 und 23 verlaufen und zum Beispiel an das Kreuz der Johanniter erinnern. Diesen Strahlen wird eine große Bedeutung zugewiesen, da auf ihnen alle Primzahlen außer 2 und 3 liegen; daher der Name "Primzahlkreuz".
  • Die Wahl der zentralen Zahl 24 leitet sich aus dem Umstand ab, dass auf diese Weise alle Zahlen des inneren Kreises, die auf einem Strahl liegen, prim sind: 5 und 7, 11 und 13, 17 und 19, und 23. Die Zahl 1 neben 23 wird aus diesem Grund auch gerne als Primzahl genutzt, die Primzahlen 2 und 3 fallen oft unter den Tisch.
Es sei PP nun unbenommen, sich eine solche Darstellung aller natürlichen Zahlen zu beschauen. Allerdings ist schon der Name "Primzahlkreuz" (den ich stets in Anführungszeichen setze) kritisch: Ja, auf den Strahlen liegen alle Primzahlen (bis auf 2 und 3), aber auf ihnen liegen auch sehr viele Zahlen, die nicht prim sind (und die Primzahlen sind in einem gewissen Sinne sogar in der Unterzahl). Genau genommen liegen auf diesen Strahlen nämlich genau jene Zahlen, die nicht durch 2 oder 3 teilbar sind. Dazu gehören nach Definition alle Primzahlen (außer 2 und 3), aber eben noch viele weitere Zahlen. Das "Primzahlkreuz" ist daher das Kreuz der Zahlen, die nicht durch 2 oder 3 teilbar sind. 24 (und auch nicht 6 oder ±1) ist eben nicht die Grundlage "des natürlichen Primzahltaktes". Meist, wenn PP von Primzahlen oder deren Struktur redet, redet er doch nur über jenes hochsymmetrische Muster der Zahlen, die nicht durch 2 oder 3 teilbar sind. So viel Ehrlichkeit muss sein, das Dividieren mit Rest hat weit mehr mit seiner Weltsicht zu tun als Primzahlen.

3.2 Der Zusammenhang zur Welt

Die Argumenation, derer sich PP bedient, ist von einfacher Natur: Er behauptet in regelmäßigen Abständen, das "Primzahlkreuz" sei die Basis unserer Welt, und wann immer er in der Welt eine Zahl oder einen Zusammenhang entdeckt, die oder den er in ähnlicher Weise auch im "Primzahlkreuz" findet, sieht er sich in seiner Auffassung bestätigt.
Das ist alles. Die gesamte Argumenation fußt auf einer zahlenmystischen Abart davon, Korrelation als Kausalität aufzufassen. Somit kann PP jedwede Theorie "beweisen", wenn in ihr nur genügend viele Zahlen auftreten. Im Einzelnen:

3.2.1 Primzahlen

Primzahlen findet PP faszinierend (ein Umstand, den er mit vielen Menschen teilt, die sich mit der Mathematik beschäftigen, der aber nicht darüber hinweg täuscht, dass Primzahlen eines von vielen gleichmaßen wichtigen Konzepten sind, die in der Mathematik benötigt werden). Aus dieser persönlichen Zuneigung zieht er die initiale Begründung, weswegen Primzahlen für die Natur von struktureller Bedeutung sind: "Ich stellte mir vor, Gott gäbe mir [...] die Aufgabe, Lebewesen mit Selbstbewusstsein [...] zu konstruieren. [...] Ich würde einen Bauplan benutzen. [...] Ich würde jene Zahlen wählen, die den Hintergrund aller Mathematik darstellen: die Primzahlen."

Von diesem Gedanken ausgehend sucht er überall in der Welt nach Primzahlen. Er ignoriert die Stellen, an denen sie nicht auftreten (zum Beispiel besteht die Fibonacci-Folge, die in der Natur auftaucht, nicht nur aus Primzahlen, wenngleich es einen Zusammenhang gibt) und konzentriert sich umso mehr auf die Stellen, an denen sie auftreten, und sei es auch nur über einen Umweg. Dieser Effekt ist bekannt: Wenn man Nachwuchs bekommt, sieht man plötzlich überall Kinderwagen, wenn man sich ein Auto kauft, taucht dieses scheinbar häufiger auf. Man findet das, was man sucht, und PP ist ein Meister darin, fragwürdige Zusammenhänge aufzustellen:
  • "Alle [Hervh. d. d. V.] physikalischen Abläufe [...] gehorchen Gleichungen nach dem natürlichen Logarithmus. Da die Abnahme der Primzahlen ebenfalls mit dem natürlichen Logarithmus verknüpft ist, muß [Hervh. d. d. V.] unsere physikalische Welt Folge der Primzahlverteilung sein." (Es wäre sinnvoller, aber noch immer nicht sinnvoll, nach dieser Erkenntnis die gesamte Welt auf Logarithmen aufbauen zu wollen. Diesen weist PP auch eine Wichtigkeit zu, jedoch nur, weil sie gemeinsam mit Primzahlen auftreten.) 
  • Die Integral- und Differentialrechnung stutzt PP darauf zurück, ab und zu nur Exponenten um 1 zu erhöhen oder zu erniedrigen, und er setzt an: "Da ±1 der Takt der Primzahlen ist, muß [Hervh. d. d. V.] die Infinitesimalrechnung auf jeden Fall etwas mit den Primzahlen (in Exponentenfolgen) zu tun haben."
Wann immer Primzahlen in der Welt auftreten, sieht sich PP bestätigt, denn das "Primzahlkreuz" enthält Primzahlen. Doch noch mehr: Wann immer Logarithmen oder Exponentialgleichungen auftauchen, sieht sich PP bestätigt, denn auch die Primzahlen hängen mit dem Logarithmus zusammen. Auch Integrale sind ein Zeichen für Primzahlen, und weil das Integral über 1/x den Logarithmus ergibt, hat er einen weiteren Grund gefunden, auch Reziproke zu betrachten. Sein unausgesprochenes Credo lautet: Alles hängt mit allem zusammen, und daher basiert es auf Primzahlen.

Doch selbst, wenn dies so wäre, würde damit noch lange nicht alles mit dem "Primzahlkreuz" zusammenhängen, das, wie oben erwähnt, seinem Anspruch auf strukturelle Grundlage der Primzahlen nicht gerecht wird. Dennoch behauptet PP (und nicht nur er) dass hinter der Struktur 6n ± 1 etwas
Bedeutendes steckt. Um diesem Gedanken mit gleicher Machart entgegenzutreten, hier ein Beispiel:

Mit demselben Recht kann man auch Zahlen der Form 10n + 5 ± 2 betrachten. Auch unter diesen Zahlen gibt es einige Primzahlen, und die Formel verknüpft zauberhaft die Zehnheit mit der Zweiheit (beachte: 10 ist das Produkt von 5 und 2). Mehr noch: Man gelangt zu den übrigen Primzahlen, indem man nochmals 2 addiert oder 2 abzieht, die Zweiheit also verdoppelt: 10n + 5 ± 2*2.

Erstaunlich? Nein. Diese Formel beruht auf demselben Prinzip wie 6n ± 1: Ich habe lediglich all jene Zahlen betrachtet, die nicht durch 2 oder 5 teilbar sind. Auch hier sind sehr viel mehr Zahlen der Form 10n + 5 ± 2 nicht prim. (Ein Umstand, der mit größer werdenden Zahlen umso deutlicher wird. Zahlenmystiker beschränken sich daher gerne nur auf kleine Zahlen.)

(Es würde mich übrigens nicht überraschen, wenn irgendwo die Formel 10n + 5 ± 2*2 als mystische Ursache des Universums angebetet wird.)

3.2.2 Die heilige Dreifaltigkeit

Wann immer die Zahl 3 (der sich PP ähnlich verbunden fühlt wie den Primzahlen; launigerweise ist 3 meine persönliche Lieblingszahl) in der Welt auftaucht, sieht sich PP bestätigt, denn das "Primzahlkreuz" basiert auf einer Dreiteilung der natürlichen Zahlen: ein Drittel ist durch 3 teilbar, ein Drittel ist zwar durch 3, aber nicht durch 2 teilbar (nämlich die Hälfte der übrigen zwei Drittel), und ein Drittel ist weder durch 3 noch durch 2 teilbar (nämlich das fehlende Drittel). PP findet allein schon diesen simplen arithmetischen Umstand erstaunlich, doch hat er nur
nach Belieben die Zahlen eingeteilt.

Aber gut, vielleicht basiert die Welt wirklich auf der Zahl 3: dafür führt PP viele Belege an. Allerdings haben diese einen gewaltigen Mangel: sie sind nicht stimmig. Der Mensch teilt gerne Dinge in mehrere übersichtliche Gruppen ein, deren Objekte gewisse Eigenschaften gemeinsam haben. Dabei teilt er ungern in eine Vielzahl paralleler Gruppen ein (wer möchte schon 43 verschiedene Genres in der Literatur nebeneinander stehen haben?) , sondern teilt lieber eine überschaubare Anzahl von Gruppen in weitere Untergruppen ein (also in einige Genres mit jeweils eigenen Sub-Genres). Diesem Umstand ist es geschuldet, dass die Anzahl verschiedener Gruppen meist eine kleine Zahl ist, eben oft auch 3 (oder 2, 4, seltener 5 oder 6; alle diese mystisch aufgeladenen Zahlen werden oft nur der Übersichtlichkeit wegen gewählt).

Doch auch, wenn nun eine Zerlegung in 3 Teile möglich ist, so geschieht dies gerade bei kulturellen, menschgemachten Einteilungen recht willkürlich: man kann leicht zwei Gruppen zusammenlegen oder eine Gruppe in zwei andere aufspalten. PP liefert viele Dreiigkeiten besonders auch aus dem kulturellen Bereich, den er damit mit dem "Primzahlkreuz" verbinden möchte, also schauen wir einmal:
  • Es gibt 3 unendliche Dinge: den Raum, die Zeit und die natürlichen Zahlen. Und zum Beispiel das Farbspektrum oder die Gedankenwelt. Nur, weil man keine weiteren Ideen hat, was unendlich sein könnte, heißt das nicht, dass es nichts weiteres gibt.
  • Es gibt 3 für uns wichtige Körper im Sonnensystem: Sonne, Mond und Erde. Man könnte aber auch die Gruppe der vier Gesteinsplaneten betrachten oder alle Planeten.
  • Die Mensch kann auf 3 Arten Nahrung beschaffen: er kann Jäger, Pflanzer oder Hirte sein. Was aber ist mit den Sammlern?
  • Die Sprachfamilien des Menschen teilen sich in 3 großen Gruppen. Die genannte Einteilung ist allerdings zweifelhaft und selbst PP gibt an, dass damit viele Sprachen (die er als nicht so wichtig erachtet) nicht erfasst werden.
  • Pflanzen stellen 3 Nährstoffe her, nämlich Zucker, Fette und Eiweiße. Und Ballaststoffe und Vitamine.
  • Das Zeichensystem der Menschen teilen sich in 3 Arten: Buchstaben, Silben-Symbole, Wort-Symbole. Man kann allerdings ohne Probleme auch Satzteile in Symbole fassen.
  • Es gibt 3 Gruppen von Lebewesen: Pflanzen, Tiere, Menschen. Doch was ist mit Pilzen und Bakterien, und sind Menschen nicht auch Tiere?
  • Es gibt 3 Hauptrassen des Menschen (mit Verweis auf einen Rassentheoretiker der Nazis). Ein Kommentar erübrigt sich.
  • Zudem haben wir 3 naturwissenschaftliche Fächer. Dazu leider noch die Geowissenschaften.
  • Es gibt 3 Phasen im Leben eines Insekts: Ei, Larve, Insekt. Und natürlich Puppe.
  • Der Körper eines Insekts besteht aus 3 Teilen: Kopf, Bruststück und Hinterleib. Und den Beinen. (Beim Menschen kommt PP auch auf 3 Teile: Kopf, Rumpf und Extremitäten, denn plötzlich sind diese Anhängsel wohl wichtig. Allerdings kennt PP nur zwei große Gruppen von Lebewesen: Insekten und Wirbeltiere, womit er u. a. die Dualität zwischen Pascal'schen Dreieck und "Primzahlkreuz" belegen möchte.)
Es ist offensichtlich kein stichhaltiger Gedanke, dass sich menschliche Strukturen nach einer Zahl richten sollten, die irgendwo vielleicht in den Grundlagen der Welt verborgen ist. Man sieht das auch an Ampeln: Diese haben in ihrer häufigsten Version 3 Farben. Es gibt aber auch Fußgängerampeln mit 2 Farben, es gibt Warnampeln mit einer Farbe, und es gibt die Startampel bei der Formel 1 mit mehreren Leuchten.

Das heißt nicht, dass es prinzipiell keine Objekte gibt, die sich nicht auf natürliche Weise in 3 Gruppen einteilen lassen (wobei "natürlich" immer auch vom menschlichen Kontext abhängt). Dass dies für manche gilt, ist jedoch kein Grund, Schnappatmung zu bekommen. Im übrigen sind nicht nur die kulturellen, sondern auch die chemischen Beispiele zweifelhaft. 

  • Gut, Wasser spaltet sich in zwei Ionen, womit Wasser nach Adam Riese ein Gemisch aus 3 Molekülen ist (ein Umstand, den PP gerne begründet sehen möchte, also gut: 1+2 = 3), und es gibt Metalle, Halbmetalle und Nichtmetalle, allerdings kann man die Elemente, je nach Gebrauch, auch in andere Gruppen einteilen.
  • Aber er meint auch, es gäbe nur 3 Elemente, die sowohl Einfach-, Zweifach- als auch Dreifachbindungen eingehen. Allerdings gibt es derer mindestens fünf, denn auch Bor und Schwefel fallen in diese Gruppe.
  • Zudem meint PP, es gäbe in der Chemie nur Einfach-, Zweifach- und Dreifachbindungen. Allerdings gibt es auch Vierfach- und Fünffachbindungen.
  • Die 3 Aggregatszustände, die er angibt, sind nur bei Normaltemperatur alles, was es gibt. Man sollte sich allerdings nicht stets nur auf menschliche Maßstäbe beziehen. 
PP merkt allerdings nicht, wie er sich verbiegt, um alles in der Welt in eine Form zu pressen; ja, er denkt gar, er hätte endlich die Scheuklappen der Wissenschaft abgeworfen:  "Nur so konnte ich auf den ungewohnten Gedanken kommen, daß die Zahlen 3-facher Art sind, auch wenn damit jahrhundertealte Glaubenssätze über Primzahlen über den Haufen geworfen würden." Diese Einteilung ist und bleibt beliebig, und die Primzahlen sind keine Glaubensfrage, sondern schlicht eine Definition von natürlichen Zahlen, die genau 2 natürliche Teiler haben. Niemand hindert PP daran, auch andere Zahlen zu betrachten, aber genau wie seine Zahlen, die nicht durch 2 oder 3 teilbar sind, sind das nunmal keine Primzahlen mehr.

Und übrigens: Er meint, 1, 2 und 3 würden eine
göttliche Ordnung bilden, die sich auch in vielen Mythen widerspiegelt. Es ist jedoch nicht zielführend, Zahlenmystik mit weiterer Zahlenmystik zu begründen.
  • Die 1 wird entgegen seiner Meinung nicht stiefmütterlich behandelt und damit auch nicht dem Weltverständnis der Mathematiker entzogen, sie ist vielmehr sogar einer der Eckpfeiler der Definition vieler Zahlenmengen, auch spielen in der Algebra Einheiten eine Rolle.
  • Die 2 ist zwar wirklich die einzige gerade Primzahl, aber das ist nun wirklich kein Umstand, der sie besonders macht: Da gerade Zahlen eben jene sind, die durch 2 teilbar sind, bedeutet dies, wenn man das "Fachwort" "gerade" weglässt, dass 2 die einzige Primzahl ist, die durch 2 teilbar ist. Nach Definition ist allerdings jede Primzahl p die einzige Primzahl, die durch p teilbar ist. (Was nicht heißen soll, dass die 2 nicht doch in vielen Spezialfällen auftaucht, Gruppentheoretiker können ein Lied davon singen; es hebt sie jedoch nicht mystisch hervor). 
  • Auch die angeführte spezielle Gleichung 1+2+3 = 1*2*3 sagt lediglich aus, dass hier ein Zusammenhang besteht, der nicht auf Größeres hinweisen muss. Auch sind die Zahlen 1, 2, und 3 nicht, wie behauptet, die einzigen, mit denen man solch eine Gleichung bilden kann; man betrachte -1, -2, -3 und auch -1, 0, 1 und auch dreimal die Wurzel aus 3.
In der Summe bleibt nichts übrig, was der 3 eine besondere Stellung zuschreibt.
 3.2.3 Der Quadratstrahl

PP freut sich über physikalische Gesetze, in denen ein Term quadratisch vorkommt. Dabei geht er nicht darauf ein, woher diese Gleichung stammt (beispielweise weil eine Kugeloberfläche quadratisch mit dem Radius anwächst), sondern möchte ihren wirklich grundlegendensten Grund erkennen. Diesen sieht er im "Primzahlkreuz", und zwar aus mindestens drei Gründen:

  • Das Quadrat aller Primzahlen (außer 2 und 3) hat er auf demjenigen Strahl lokalisiert, der durch 1 verläuft. Einen Beweis bleibt er (zumindest in diesem Buch, seine anderen Bücher kenne ich nicht) schuldig. Dabei ist es einfach: Das Quadrat einer Zahl 6n ± 1 (und nicht nur einer Primzahl) ist nichts weiter als 24n² + 12n(n±1) + 1. Da entweder n oder n±1gerade ist, ist somit das Quadrat jeder Zahl 6n ± 1 um 1 größer als ein Vielfaches von 24 - und damit liegt es auf dem Strahl durch 1.
    Nun möchte PP freilich seine mathematischen Aussagen nicht beweisen, sondern nur auf die angebliche Bedeutung der gefundenen Zusammenhänge hinweisen. Jeder einzelne mathematische Beweis zeigt allerdings, dass die gefundene Ordnung nicht durch eine höhere Macht eingesetzt wurde, sondern eine schlichte Folgerung aus den Gesetzen der Arithmetik ist.
  • Die Summe aller Zahlen auf dem inneren Kreis beträgt nach der Summenformel von Gauß 12*25 = 300. Alle weiteren Kreise können mit diesem Wissen leicht aufsummiert werden, da die Zahlen von einem Kreis zum nächsten um jeweils 24 wachsen, die Summe also um 24² = 576 wächst (diesen einfachen linearen Zusammenhang sucht man in dem Buch vergebens). Da diese "krumme" Zahl nicht in PPs Konzept passt, entschließt er sich kurzerhand dazu, die oberste Zahl doppelt zu zählen um auf "glatte" 600 zu kommen. Klammert man nun 300 aus, durchlaufen diese geschönten Summen die ungeraden Zahlen, deren Summen 1, 1+3, 1+3+5 usw. bekanntlich die Quadratzahlen durchlaufen.
    Über einen geschönten Umweg hat er also die ungeraden Zahlen erhalten (die sowieso schon im "Primzahlkreuz" enthalten sind) und sieht dies als ein Zeichen an.
  • Noch eine weitere Erkenntnis bestärkte PP darin, dass die Folge der natürlichen Zahlen mit dem "Primzahlkreuz" (das ja sowieso aus diesen Zahlen besteht) verbunden ist: Auf dem Strahl durch 1 liegen zwischen den Quadraten der Zahlen 6n ± 1 der Reihe nach 0, 1, 2, 3 usw. viele andere Zahlen. Für PP ist das ein Zeichen, für alle anderen Menschen folgt dies direkt und ohne Freiheitsgrad aus der einfachen Rechnung (6n+1)² - (6n-1)² = 24n. Daran lässt sich sofort ablesen, dass zum Beispiel auf die Zahl 47² = (6*8 -1)² auf diesem Strahl genau sieben andere Zahlen folgen, bis die achte dann 49² ist. Aber auch hier fällt auf: diese Differenz ist keine Eigenschaft von Primzahlen, sondern eine Eigenschaft der Zahlen, die nicht durch 2 oder 3 teilbar sind (49 ist nicht prim).
Nach bewährtem Muster soll daher das "Primzahlkreuz" Grundlage aller Phänomene sein, in denen Quadrate auftauchen. Die einfachere Vermutung, dass auch andere Quadratgesetze aus einfachen arithmetischen Reihen oder Flächenformeln resultieren können, wird nicht betrachtet. Jedwede Arithmetik muss nach PP ihren Ursprung im "Primzahlkreuz" haben.

An dieser Stelle muss man wohl
dankbar sein, dass PP sich nicht noch der anderen Quadrate angenommen hat. So haben Quadrate beim Teilen durch 24 stets die Reste 0, 1, 4, 9, -8 oder 12. Wir haben es also mit lediglich 6 von 24 Strahlen zu tun, wobei die Differenz aus 4 und 1 gerade 3 ist und aus 9 und 1 gerade 8 (die Anzahl der Strahlen im "Primzahlkreuz"). Wer weiß, was PP aus diesen Daten machen würde (wenn dies nicht schon geschehen ist). Auch kann man leicht Muster in den Kuben dieser Zahlen feststellen, allerdings erst im Nachhinein. Das "Primzahlkreuz" gibt a priori kein Mittel zur Hand, um die Art des zu findenden Musters zu bestimmen.

3.2.4 Die Lichtgeschwindigkeit

Es ist bekannt, dass die Lichtgeschwindigkeit ungefähr 3 mal einer Potenz von 10 ist (gemessen in Meter pro Sekunde). Es dürfte kaum verwundern, dass PP angesichts seiner Anbetung der 3 und der auftretenden Kreissummen selbstbewusst behauptet, dass der
Wert der Lichtgeschwindigkeit exakt 3 mal dieser Potenz von 10 ist. Er hat dabei sogar selbst den größten Einwand gegen eine solche Argumentation gesehen: die Einheit Meter pro Sekunde ist willkürlich gewählt, weswegen auch dem Zahlwert der Lichtgeschwindigkeit keine besondere Bedeutung zukommen kann. (Es sei denn, Tog hätte uns seine präferierte Einheit mitgeteilt. Dies ist bisher nach meinem Wissen nicht geschehen.)

Natürlich hat PP
versucht, diesen Einwand zu entkräften, und zwar mit der Erläuterung, dass die genutzten Einheiten Meter und Sekunde doch nicht willkürlich gewählt seien, sondern sich auf irdische Daten beziehen. Abgesehen davon, dass es sehr gewagt ist, eine universelle Konstante des Universums auf irdische Daten zu eichen, stimmt dies nur bedingt: Der Meter hat sich historisch entwickelt und wurde irgendwann auf den 40.000-ten Teil des Erdumfangs festgelegt, die Sekunde ist ein seltsamer Bruchteil der Tagesdauer. Man solle mir einmal erklären, wer den Menschen dazu getrieben haben soll, diese Bruchteile genau so zu wählen, dass ausgerechnet die Lichtgeschwindigkeit einen "glatten" Wert hat, und welche Mittel er dazu eingesetzt hat.

Übrigens sagt Wikipedia (falls es jemanden interessiert): 

"Seit 1967 ist eine Sekunde das 9.192.631.770-Fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids ^133Cs entsprechenden Strahlung."

"Seit 1983 ist demnach die SI-Basiseinheit Meter wie folgt festgelegt. 1 Meter ist jene Strecke, die das Licht im Vakuum in 1 / 299.792.458 Sekunden zurücklegt."
Das ist vielleicht nicht gerade nützlich für den Alltag (da bringen die alten Definitionen mehr), aber es ist exakt (und ändert die alten Werte nur unwesentlich). Somit ist die Lichtgeschwindigkeit gar per Definition festgelegt auf exakt 299.792.458 Meter pro Sekunde. Durch Messungen können wir lediglich einen Meter genauer bestimmen. Dies verdeutlich nochmals, wie willkürlich die Einheiten gewählt sind.

Ich höre schon PP einwerfen, dass die "Elite" hier einen "krummen" Wert festgelegt hat, weil ein "runder" Wert zu mystisch wäre. Er selbst geht von einer Lichtgeschwindigkeit von 3 mal einer Zehnerpotenz aus, damit sein Weltbild Bestand hat und das "Primzahlkreuz" auf krude Weise allem zugrunde gelegt werden kann. So oft er sich gegen
Dogmatismus wendet, so wenig merkt er, dass er selbst in einem solchen gefangen ist.

3.3 Das Pascal'sche Dreieck

Gegen Ende des Buches wird als kleiner Bruder des "Primzahlkreuzes" das Pascal'sche Dreieck ins Spiel gebracht. In ihm tauchen auch
alle natürlichen Zahlen auf, was PP Grund genug ist, in diesem Muster mehr zu sehen. So sind alle Zahlen in der p-ten Zeile, wenn p eine Primzahl ist, durch p teilbar. Das ist eine einfache Übungsaufgabe, für PP aber, wie zu erwarten war, der "Beweis", dass Primzahlen hinter allem stecken. Auch drei weitere Ergebnisse bringt er an:
  • Das Inverse einer Zahl findet PP interessant, aber das genügt nicht. Weil aber eine Zahl, geteilt durch ihr Quadrat, das Inverse der Zahl ergibt, ist das das endgültige Zeichen, dass Inverse wichtig sind. Das Pascal'sche Dreieck hat er als ihren Hort ausgemacht. Wieso, fragt ihr? Ganz einfach:Wenn er nach Belieben die einzelnen Zeilen des Dreiecks mit den invertierten natürlichen Zahlen beschriftet (er begründet dies mit der "abnehmenden Wichtigkeit" der einzelnen Zeilen in dem bekannten Dalton'schen Experiment, wobei nicht klar ist, wieso gerade diese Zahlen die Wichtigkeit angeben, und auch nicht, wieso sie abnehmen soll: mit jeder Entscheidung für eine Richtung wird auf dem Dalton-Brett genau ein Endergebnis ausgeschlossen, bis hin zur letzten Zeile) und dann diese Zahlen mit alternierendem Vorzeichen aufaddiert, gelangt er zu einem Logarithmus (den andere Menschen berechnet haben). Für PP generiert dies den Zusammenhang zu den Primzahlen; alle anderen sehen, dass das genutzte Verfahren kaum noch etwas mit dem Pascal'schen Dreieck zu tun hat.
  • Färbt man im Pascal'schen Dreieck die geraden Zahlen weiß und die ungeraden schwarz (oder führt dieses Verfahren statt 2 mit einer anderen Primzahl durch), so entsteht das Sierpinski-Fraktal. Weil man allerdings mit einem netten Chaos-Spiel nach Peitgen in einem Dreieck dieselben fraktale Muster erzeugen kann, ist das für PP der Grund, dieses Muster jeder Gasausbreitung zugrunde zu legen. Dabei stört es auch nicht, dass diese Muster in realen Gasen nicht vorkommen, was auch darin liegt, dass das Spiel in einem dreieckigen Raum stattfindet, in dem sich ein einzelnes Teilchen nach einer simplen, unrealistischen Regel bewegt.
    Dabei erkennt PP selbst: "Mit anderen Worten haben wir miterlebt,
    wie der Zufall eine absolut deterministische Gestalt erzeugen kann [Hervh. d. d. V.]." Er erkennt also, wie Zufall und einfache Regeln zu erstaunlichen Strukturen führen können! Wieso er dann die Evolutionslehre ablehnt und hinter der Physik und sozialen Erscheinungen eine alles steuernde Struktur, nicht jedoch vielfachen Zufall vermutete, bleibt wohl sein Geheimnis.
  • Auch unternimmt er manches Mal den Versuch, das Dezimalsystem als besonders darzustellen (und beschwert sich, dass Mathematiker dies nicht so sehen). Obgleich er selbst schreibt: "Die zahlentheoretischen Gesetzmäßigkeiten im Pascalschen Dreieck gelten nicht nur im Zehnersystem, sondern auch in anderen Rechensystemen", bleibt er dabei, denn die Summe der Zahlen pro Kreis im "Primzahlkreuz" sind, wenn man eine Zahl doppelt zählt, Vielfache von 10 (und von 2, 3, 5, 6, 12 und 60).
    Auch die "erstaunliche" Feststellung, dass die Zeilen des Pascal'schen Dreiecks, von links nach rechts gelesen, wobei jede Zahl als eine Ziffer interpretiert wird, Potenzen von 11 ergeben, funktioniert
    nicht nur zur Basis 10. Wenn man nämlich zur nächsten Zeile übergeht, gelangt man zur Basis X zu dem (X+1)-fachen Wert in der nächsten Zeile. Da die erste Zeile stets den Wert (X+1)^0 hat, ergeben sich somit stets die Potenzen von X+1 (im Dezimalsystem entsprechend die Potenzen von 11).
    Ein Beispiel zur Basis 2: In der vierten Zeile steht 1 (11) (11) 1, und die daran abgelesene Dualzahl ist, wiederum der Übersichtlichkeit codiert als Dezimalzahl,  1*8 + 3*4 + 3*2 + 1 = 27, die dritte Potenz von 3.
    So ist dieser nette Zusammenhang nicht einmal für die Basis 10 besonders, PP aber bleibt dabei. Da wir zehn Finger haben und da ein Element maximal zehn stabile Isotope hat, muss die 10 auch woanders wichtig sein. Mit jeder Eigenschaft, die eine einfache Struktur hat, ist sie für ihn grundlegender und wichtiger.

Dies ist das PP-System: Er wählt eine beliebige Struktur, untersucht einfache Zusammenhänge, deren zentrale Zahlen auch woanders auftreten, und behauptet dann, die von ihm gewählte Struktur sei Grundlage der Welt.

4 Der Fehler im System

Nun sollte jedem klar sein, von welcher Art die Argumente sind, die PP anführt. Man kann sein gesamtes Weltbild auf drei einzelne Punkte zurückführen:
  1. Die feste Überzeugung, dass es einen einfachen Bauplan des gesamten Universums geben muss.
  2. Die fatale Überbewertung von Zufällen.
  3. Die Begründung seiner Theorie mit willkürlichen Zusammenhängen. 
Der erste Punkt ist der tragischte, weil dogmatischte. Hier nochmals sein zentrales Credo, weil es so passend ist:
"Ich stellte mir vor, Gott gäbe mir [...] die Aufgabe, Lebewesen mit Selbstbewusstsein [...] zu konstruieren. [...] Ich würde einen Bauplan benutzen. [...] Ich würde jene Zahlen wählen, die den Hintergrund aller Mathematik darstellen: die Primzahlen."
Diese Annahme verfestigt er mit seiner Überbewertung von Zufallen. Aus einem kindlichen Staunen darüber, dass überall Zahlen auftauchen, hat er sich eine Begründung für sein Weltbild gebastelt:
"Es mußte ein zahlentheoretischer Bauplan sein, da ich immer wieder dieselben Zahlen antraf."
Da er keinen Zweifel an seinen Thesen hegt, sich selbst als Messias sieht und gar nicht erst versucht, einen Gegenbeweis vorzulegen, verstrickt er sich immer weiter. Am Ende hat er es fertig gebracht, sein System aus sich selbst heraus zu begründen:
"Wir können [...] aus den erkannten mathematischen Gesetzmäßigkeiten logische Schlüsse ziehen: Wenn es eine vierte Dimension geben muß, muß diese höhere und endgültige Dimension über ein Bewusstsein verfügen, das den Rahmen unserer Bewußtheit sprengt. Das haben die Menschen aller Zeiten mit 'Gott' bezeichnet."
Damit hat er in einem fulminanten Kreisschluss sein eigenes Grab geschaufelt: Ich denke, dass es einen göttlichen Bauplan gibt. Dieser muss mit Zahlen zu tun haben. Diese tauchen im "Primzahlkreuz" auf. Dieses hat eine Vierer-Struktur. Daher hat der Raum vier Dimensionen. Ich kann diese nicht alle wahrnehmen, daher gibt es Gott. 
Was bleibt, ist seine auftreibende Suche nach Mustern in den Zahlen, die nichts erklären, weil er sie stets nur dann findet, wenn sie schon geschehen sind, und weil die einzige Gemeinsamkeit ist, dass Zahlen auftauchen. Dass aber Zahlen mit Zahlen zusammenhängen, kann die Welt nicht retten.
"Es gibt also keinen Zufall. Alles hat seine Bedeutung, auch wenn wir sie nicht immer sofort erkennen."
Für eine solche tiefe Verblendung scheint der Mensch anfällig zu sein. Ich möchte allerdings nicht weiter auf den Menschen PP und seine Glaubenswelt eingehen, denn wie schon gesagt ist es völlig unerheblich, wer eine Theorie äußert, solange sie stichhaltig ist. Mit religiösen Argumenten mögen sich die Theologen und Religionskritiker an anderer Stelle befassen. Aber zu den beiden anderen Punkten mag ich noch ein paar Punkte als Warnung an andere anführen, da die fatale Argumentation tiefliegend und systhematisch geschieht, ohne die eigenen Fehler oder die Alternativen zu sehen.

4.1 Die Überbewertung von Zufällen

Ein Kernpunkt PPs Kritik an der Mathematik ist der folgende:  
"[Mathematiker] streiten ab, daß es Zahlen überhaupt gibt. Zahlen sind menschliche Phantasieprodukte für sie. Sie behaupten, daß sich die Naturwissenschaftler die Naturkonstanten nur einbilden."
Dabei ist das schlicht nicht wahr, sondern nur eine vereinfachte Auffassung von ihm. Obgleich die Zahlen durch die Mathematiker streng logisch definiert wurden, bezweifelt niemand, dass man mit ihnen reale Zusammenhänge beschreiben kann. Wann immer nun PP einen solchen realen Zusammenhang mit Zahlen beschreibt, meint er, die "Realexistenz" der Zahlen bewiesen zu haben. Doch es nützt ihm nichts: Zahlen an sich sind abstrakte Konzepte (gleich ob erfunden oder gefunden), mit denen man reale Objekte klassifizieren kann.

Dabei sind Zahlen nicht nur irgendwelche Konzepte, sondern sehr gute. Beinahe alles, was man in der Welt sieht, kann man mit Zahlen beschreiben, was der Grund für die geflügelten Worte ist, die Natur sei in der Sprache der Mathematik geschrieben. Da es jedoch (in einem gewissen Sinne) viel mehr reale Zusammenhänge als Zahlen gibt, bleibt es nicht aus, dass ab und zu Zahlen mehrfach auftreten. Dies allein ist kein Grund zu der Annahme, dass alle Objekte, bei denen dieselben Zahlen auftauchen, ursächlich zusammenhängen. Es kann ein Hinweis darauf sein, aber dieser muss weiter erforscht werden.

4.1.2 Zufällige einfache Strukturen  

Wenn wir eine geringe Zahl von Objekten betrachten oder Objekte in ein paar Klassen einteilen, so ist es kein Wunder, dass dabei oft Primzahlen auftauchen, denn es gibt unter kleinen Zahlen viele Primzahlen und auch Primzahlzwillinge. Auch gibt es viele Quadratzahlen oder Zahlen, die nur um 1 von solch einer Zahl verschieden sind. Wenn wir hunderte Strukturen mit höchstens 20 Objekten betrachten, so ist es klar, dass die Anzahlen mehrfach auftreten müssen. Außerdem ist jede dritte Zahl durch 3 teilbar, jede vierte durch 4. Wenn man nur ein wenig sucht, findet sich schon eine Eigenschaft,die man mit Bedeutung aufladen kann, die aber nichts bedeutet. Auch zwei Personen mit demselben Namen oder demselben Geburtstag haben in der Regel nichts miteinander gemein, als eben diesen Namen oder diesen Geburtstag. Die Welt ist kompliziert.

Was hat nun Peter gefunden: Das letzte stabile Element besitzt 43 Neutronen mehr als Protonen, und ab dem Element 21 besitzt jeder Atomkern mehr Neutronen als Protonen, bis zum Element 83 sind das 61 stabile. Da für ihn diese Zahlen nicht beliebig sein dürfen, hat er weiter gesucht und gefunden: Die instabilen Elemente unterhalb von Wismut tragen die Nummern 43 und 61 (die noch dazu prim sind). Wieso aber um alles in der Welt sollte das "Primzahlkreuz" der Materie auferlegen, dass sich bestimmte Abstände nach der Zahl der Protonen in instabilen Elementen richten? Welchen Sinn hätte das? Diese Frage stellt sich PP nicht, denn dass zwei Zahlen doppelt auftauchen, erachtet er als so unwahrscheinlich, dass es gelenkt sein muss. Das schöne am Zufall ist jedoch, dass auch unwahrscheinliche Ereignisse auftreten.

PP wundert sich auch darüber, dass die Oberfläche einer Kugel exakt viermal so groß ist wie die Fläche eines radiengleichen Kreises. Da er die Zahl 4 in seinem Modell (wie so viele andere) a priori  als wichtig gekennzeichnet hat, ist dies für ihn die Erklärung. Selbst, wenn man dies akzeptiert, bleibt völlig offen, wieso gerade dieser Zusammenhang mit der 4 erzeugt wird und wieso sich andere Formeln nicht so schön rational verhalten. Man könnte hier auch die Längen verschiedener krummliniger Kurven anführen. Manche von ihnen sind ganzzahlig, andere nicht. Heißt das nun, dass das "Primzahlkreuz" nur manche Kurven beeinflusst?
 So gleitet er auch in den Kreationismus ab, indem er beweifelt, dass sich menschliche Anatomien und chemische Moleküle nicht durch reinen Zufall, wie von der Evolutionslehre angeblich propagiert, bilden können, dass demnach mehr dahinter stecken müsste, schließlich gibt es 20 Aminosäuren und 20 Elemente mit nur einem stabilen Isotop (und 20 ist nichts weiter als ein Viertel von 80, die aktuell bekannte Anzahl der stabilen Elemente). Nun, es wird auch nicht bestritten, dass hinter der Evolution mehr als Zufall steckt, allerdings ist die propagierte Abhängigkeit der Evolution vom "Primzahlkreuz" lächerlich, denn dazu ist die Evolution viel zu komplex. Die Antwort der Evolutionslehre ist eleganter: Strukturen entstehen nicht aus reinem Zufall, sondern es bleiben diejenigen Strukturen erhalten, die stabiler sind. Durch kleine Variationen entstehen so über sehr lange Zeit geniale (aber nicht perfekte) Ergebnisse. Evolution ist also nicht nur Zufall, sondern die Kombination von Zufall und Struktur. Die dabei entstehenden Zahlenwerte haben sich im Vergleich zu allen Konkurrenten, die aufgetreten sind, als diejenigen erwiesen, die überlebt haben. Zahlentheorie ist dafür nicht notwendig.

Man erinnere sich an den Versuch, einen Satz durch zufälliges Auswählen von Buchstaben zu bilden: es entsteht reines Kauderwelsch. Wenn man aber die Buchstaben mit einer Wahrscheinlichkeit zieht, die der natürlichen Sprache entsprechen, und wenn diese Wahrscheinlichkeit von den drei zuletzt gezogenen Buchstaben abhängt, so entsteht ein Text, der nach Sprache klingt (allerdings keinen Inhalt besitzt, ganz so einfach ist es dann doch nicht).

Wenn man Dinge zählt, so erhält man Zahlen. PP zählt gerne, deswegen weist er auch öfter darauf hin, dass die chemischen Elemente höchstens 10 stabile Isotope ausbilden. Da er in der Zahl 10 etwas Besonderes sieht, fragt er, wieso denn gerade 10 solche Isotope existieren. Er möchte eine genaue Erklärung haben. Die simple Erklärung, dass bei einigen Zahlen von Isotopen eine die größte sein muss, die nun eben 10 ist, lässt er nicht gelten. Er akzeptiert auch keine Rechnungen zur Stabilität von Atomkernen, nach denen alle anderen Konfigurationen instabil sein müssen. Was er möchte ist eine handliche Formel (nur nicht zu kompliziert, Wissenschaft soll nach ihm einfach sein!), die am Ende die Zahl 10 ausspuckt - oder eben die Akzeptanz des "Primzahlkreuzes" als Grundlage allen Seins.

4.1.2 Zufällige Zahlwerte

Neben den einfachen natürlichen Zahlen ist es nun besonders imposant, wenn irgendwelche krummen Dezimalzahlen doppelt oder gar dreifach auftreten. Hier mag man vielleicht nicht akzeptieren, dass dies zufällig der Fall sein kann, da es so viele Zahlen gibt, aber genau das ist das
Wesen des Zufalls: Wenn man sich nur genügend viele Zahlen anschaut und wenn man diese dann noch mit enigen Rechenoperationen verknüpft, gibt es zufällig darunter welche, die sich ähnlich sind (man denke an das paranormale Fahrrad). Wenn man dann alle betrachteten Zahlen weglässt bis auf die gefundenen, erscheint es genauso magisch wie das Finden des eigenen Lebenspartners aus 7 Milliarden Menschen. Aber so ist es nunmal: Dinge passieren und werden danach mit Bedeutung aufgeladen. Ehrlicher wäre es, auch diejenigen Zahlen zu betrachten, die nicht doppelt auftreten (und diejenigen Menschen, mit denen man auch glücklich geworden wäre).

Die Lichtgeschwindigkeit ist das prominenteste Beispiel im Buch für den fatalen Umgang mit Zufällen, ich hab es oben schon angesprochen.

Auch dass Mond und Sonne von der Erde aus gesehen gleich groß erscheinen, ist nicht so besonders, wie es im ersten Moment klingt, denn diese beiden Himmelskörper erscheinen nicht exakt gleich groß, sondern nur ungefähr. Durch die elliptischen Umlaufbahnen schwanken die Größen zudem, außerdem entfernt sich der Mond langsam von der Erde und die Sonne ändert über große Zeiträume ihre Größe: wir sind also nur zufällig zu einer Zeit hier, zu der wir etwas beobachten können, das mitnichten universelle Gültigkeit besitzt. (Es sei denn, man postuliert, dass neben der Erde auch das aktuelle Menschenzeitalter von irgendeiner Bedeutung für das Universum und seine Grundlagen ist.)

Ähnlich gilt für die
Schwangerschafts- und Zyklendauer, dass diese nicht exakt mit den Mondphasen übereinstimmt, da sich diese Dauern recht stark voneinander unterscheiden können (und übrigens haben Menschenaffenweibchen (deren Zyklusdauer übrigens auch variabel und nicht vom Mond beeinflusst ist) eine Klitoris; weiß auch nicht, wo PP anderslautenden Unfug aufgeschnappt hat).

Auch bringt PP die Länge eines siderischen Monats mit dem Verhältnis einer Kreisfläche zu der Fläche, die man diesem hinzufügen muss, um ein den Kreis umschreibendes Quadrat zu erhalten, in Verbindung. Es ist wohl nur PP verständlich, wieso der Bauplan der Natur einen solchen Zusammenhang heraufbeschwören sollte, und wieso ähnliche Zahlen bei dem absoluten Nullpunkt und der kosmischen Hintergrundstrahlung genutzt werden. Hier wird lediglich nach Zahlen gesucht, die gerundet irgendwie gleich aussehen. So ist die Erde rund 81,2 mal so schwer wie der Mond. Bemerkenswert ist, dass PP die Zahlwerte für die Masse ganzer Planete ohne jede Kritik akzeptiert, obgleich diese zweifelsohne mit denjenigen komplizierten Formeln bestimmt wurde, die er so vehement ablehnt. Aber das ist verständlich, schließlich ist 81,2 nicht weit von 81 entfernt.

Diese Zufälle genügen ihm, alle anderen Zahlen, die sich nicht ähnlich sind, werden ignoriert. "Da niemand da war, der diese Kugeln mit seinen Händen formte, auf die richtige Distanz brachte und auf reziproke Umdrehungszahlen, bleibt nur eine Erklärung, die ausschließlich ist: Die Natur ist aus sich heraus intelligent." "Daß wir dabei 'zufällig' auf das System gestoßen sind, in dem die Natur, also auch wir, angelegt sind, ist eben doch kein Zufal, sondern Folgerichtigkeit gewesen. Die Natur hat sich durchgesetzt!"

Dabei schießt PP sogar übers Ziel hinaus: Er findet es sehr verwunderlich, dass sich kein Physiker Gedanken darüber macht, wieso das Gay-Lussac'sche Gesetz das negative Reziproke des Temperaturnullpunktes enthält. Betrachtet man sich diese Formel genauer, erkennt man, dass dieser Wert in der Tat nur ein Skalierungsfaktor ist, der direkt vom Temperaturnullpunkt abhängt. Auch ist es nicht verwunderlich, dass in Exponentialgleichungen ausgerechnet die Euler'sche Zahl auftaucht und keine andere Basis, denn verschiedene Basen lassen sich ineinander umrechnen und man wählt oft der besseren Vergleichbarkeit wegen einheitliche Basen.

4.1.3 Konstruierter Zufall   

Wenn es nicht genügend zufällig ähnliche Zahlen gibt, die man mit Bedeutung aufladen kann, so
konstruiert man sich solche und beschwert sich, dass diese nicht gelehrt werden: "Unsere Abiturienten werden darüber nicht mehr unterrichtet. Der Primzahl 19 und ihrer Beziehung zum Mond wird [...] keine Bedeutung beigemessen. [Die Wissenschaftler] müssten sonst ja auch zugeben, daß dies kein Zufall sein kann." Der angesprochene Zusammenhang, der nicht mehr unterrichtet wird, ist das Verhältnis von Sarosperiode zu Finsternisjahr. Die Sarosperiode ist dabei eine vom Menschen gewählte Periode, nach derer sich Mondzyklen in ähnlicher Weise wiederholen. Diese muss so angelegt werden, dass sie ungefähr ein ganzzahliges Vielfaches der relevanten Mondzyklen ist, und dass sich hierbei gerade 19 ergeben hat, ist wohl kaum noch mit Bedeutung verknüpft, den die anderen ganzzahligen Verhältnisse sind nicht 19.
 
Ein physikalisches System hat nur ein paar Freiheitsgrade, notgedrungen müssen also von den dutzenden Zahlwerten, die man berechnen kann, die meisten das zwingend vorgegebenes Beiwerk sein. Die einzige Wahl, die man hier noch hat, ist zu postulieren, dass die Grundstruktur der Natur aus mehreren Alternativen so ausgewählt wurde, dass ein paar Rechnungen, die Menschen irgendwann möglicherweise anstellen würden, zu Primzahlen führen.
Und wieso wird der Stoff nicht mehr gelehrt? Da er ungenau ist. Die Alternative bietet schon die Himmelsmechanik nach Newton, in der nicht nur Perioden in den Mondumlaufbahn gefunden werden müssen, sondern mit der der Zeitpunkt und Ort der nächsten Finsternis exakt vorhergesagt werden können. Die reine Nutzung von ganzen Zahlen führt hier definitiv nicht zum Erfolg. 

Damit PPs Rechnungen aufgehen, passt er seine Rechnungen nach
Belieben an. So findet er eine Zerlegung der 81 (angeblich) stabilen Elemente in vier Gruppen zu je 1+19 Elementen, wobei er das Element 19 wie selbstverständlich außen vor lässt und ansonsten genau 19 Elemente mit primer Ordnungszahl zählt. Dazu merkt er an: "Dieses Gesetz wäre nicht erfüllt, wenn nicht zwei primzahlige Elemente beim Aufbau der Materie verboten [d.h. instabil, Anm. d. V.] wären. Damit hatte ich die Frage, warum zwei primzahlige Elemente im Periodensystem fehlen [d.h. instabil sein, Anm. d. V.] müssen, endgültig gelöst." Nun stellt sich jedoch beim Nachzählen heraus, dass PP offenbar auch hier die 1 als Primzahl gezählt hat, 2 und 3 jedoch nicht, und ganz davon abgesehen ist es unerklärlich, wieso das finden einer launigen, simplen Formel von Zahlenzusammenhängen ein Beweis sein sollte.

Und wenn schon das nicht einleuchtet, so doch sicherlich die nachvollziehbare Frage, wieso denn die Formel, die PP findet, gelten soll und nicht etwa eine andere. Womöglich hindert ihn seine merkwürdige Zählung der Primzahlen gerade daran, die wirklich wahre Formel zu finden. Auch erschließt sich mir nicht, wieso die Aufspaltung 81 = 4*(1+19)+1 in PPs Weltbild wichtiger ist, als eine lückenlose Abfolge stabiler Elemente (oder aber, gar noch besser, eine Welt, in der nur Elemente mit primer Ordnungszahl stabil sind). Alles, was PP hier leistet, ist aus Beobachtungsdaten simple Formeln aufzustellen, die in der Tat viel, viel weniger leisten als die Formeln der "herkömmlichen" Wissenschaft, die aus einfachen Grundprinzipien aufgebaut werden können, noch bevor detaillierte Beobachtungsdaten vorliegen.

PP beschäftigt sich auch mit einigen einfachen Formeln der Mathematik, ohne freilich Neues zu Tage zu fördern. Die Euler'sche Formel exp(i*pi) + 1 = 0 bezeichnet er als im höchsten Maße merkwürdig, obleich sie mit etwas Reihenarithmetik leicht beweisbar ist. PP möchte allerdings einen tieferliegenden Grund dafür, weshalb diese Gleichung gilt. Nun, es wäre interessant, gäbe es einen tieferliegenden Grund, aber das "Primzahlkreuz" ist es sicherlich nicht. Die einfache Reihendarstellung für e, nämlich die Summe der Kehrwerte der Fakultäten 0!, 1!, 2! usw., illustriert er mit einer Reihe von Zufallsexperimenten, die einzeln für sich genommen auf eine Fakultät führen. Wieso er dann allerdings diese Wahrscheinlichkeiten addiert (und damit auf einen Wert größer 1 kommt), ist wohl nur ihm klar. Allein, es zählt für PP das Ergebnis: Er hat eine ihm unverständliche Formel zerlegt in einfache Bestandteile. Letztens Ende wäre selbst die willkürlich gewählte Zahl 1872,321 für ihn eine Bestätigung des "Primzahlkreuzes", da man sie irgendwie in ganze Zahlen zerlegen kann. Und übrigens ist die Definition 0! = 1 keineswegs fragwürdig, sondern als leres Produkt naheliegend. Damit wurde e nicht, wie PP behauptet, aus dem "Primzahlkreuz" abgeleitet, sondern aus der Folge der natürlichen Zahlen.

Die Euler'sche Formel beweist er natürlich nicht, aber er hat etwas viel besseres, nämlich den Grund für die Euler'sche Formel: In dieser Formel komme nämlich 6 Grundgrößen e, i, pi, 1, 0 und -1 vor, und schließlich ist 6 der angebliche Primzahltakt, pi ist mit den Kreisen des Primzahlkeuzes verbunden, i wurde in die Mitte des Kreuzes fabuliert, das neuerdings alle vierten Einheitswurzeln von 1 enthält, und e ist schließlich nichts anderes als die Folge aller natürlichen Zahlen, die auch im "Primzahlkreuz" stehen.
Jap, das war die gesamte Argumenation.

4.2 Das wissenschaftliche System von PP

Durch das Auffinden von launigen Zahlenzusammenhängen erreicht PP, dass er selbst an sein System glaubt, und zwar so sehr, dass er physikalische Formeln wie E = mc²
zerpflückt, um eine irrsinnige Proportionalität von Energie zu Zeit und von Materie zu Raum zu begründen, damit er alles "wohlbegründet" miteianander in Beziehung setzen kann. Genauso kann man von 2+3 = 1+4 darauf schließen, dass 2 = 1 und 3 = 4 gilt. PP macht das nichts; für ihn baut sich Wissenschaft offenkundig nicht auf Logik auf, sondern aus Plastiksteinen, die beliebig umgebaut werden können, bis das Ergebnis schön aussieht, ganz gleich, was es noch mit der Realität zu tun hat.

Das wichtigste Mittel dafür, um die Korrektheit einer Aussage zu bewerten, ist für PP nicht ihre Verträglichkeit mit der Realität oder ihre Prognose, sondern Einfachheit und Übereinstimmung mit dem "Primzahlkreuz".
So kehrt er die Welt um. Er sucht nicht mehr nach einer Begründung der Welt, die er im "Primzahlkreuz" gefunden haben will, sondern nach denjenigen Teilen der Welt, die mit einfachen Zahlen gespickt ist. Mithin redet er nicht mehr über unsere Welt, sondern über seine Traumwelt.
"Gott hat die Welt einfach angelegt. Er hatte gewiß nicht die Absicht, daß man sie nur in elitären Räumen von Universitäten begreifen kann."
Dabei ist es auch gut und billig, Kreisschlüssen zu vertrauen. So verkündet PP stolz: "Ich habe ein Modell entwickelt, das die grundlegenden Ideen Bohrs in der Atomphysik bestätigt." Dabei hat PP lediglich Zahlen so angeordnet, wie er sich die Elektronenschalen eines Atoms vorstellt. 

Aber
gut, wollen wir nun einmal annehmen, dass das "Primzahlkreuz" doch ein Stückchen Wahrheit enthält: was nützt sie uns? Die Wissenschaft zieht ihren Wert daraus, dass sie Prognosen aufstellen kann. Welche Prognosen stellt nun PP auf? Ganz einfach diese: Bei allen Dingen findet man, wenn man nur richtig schaut, Primzahlen oder die Zahlen 2, 3 (die für ihn nicht prim genug sind), 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 19, 20 oder 81. Zwei Punkte dazu:
  • Wann ist man sich sicher, einen Zusammenhang belegt zu haben? Für seine Lieblingsformel 20 = 19 + 1 hat PP lange nach einer Begründung gesucht. Diese Addition war ihm nicht genug, dafür aber die Erkenntnis, dass die Summe über die Potenzen von 1/20 tatsächlich 1 + 1/19 ergibt. (Wieso gerade 1/20? Weil im Pascal'schen Dreieck als Zeilensummen natürlich Potenzen von 2 auftauchen und weil in der Dezimaldarstellung von 1/81 die natürlichen Zahlen mit eine Potenz von 1/10 auftauchen.) Nun ist es aber so, dass mit demselben Vorgehen auch die Aufspaltung 19 = 18 + 1 "begründet" werden kann (es funktioniert für jede Zahl größer 1, auch wenn sie nicht rational ist). Wann also gibt es genug einfache Zahlenzusammenhänge, dass man einen tieferen Zusammenhang vermutet darf? Wenn man noch erkannt hat, dass 100 durch 81 gleich 1 Rest 19 ist?
  • Was sagt uns, dass das "Primzahlkreuz" wirklich die Grundlage ist? Kann es nicht andere Muster geben, die dasselbe leisten? Eine Möglichkeit ist zweifelsohne, sich schlicht auf die elementare Arithmetik als Grundlage zu versteifen, mithin auf einfache Logik. Dieser Prämisse könnte man zumindest viel leichter zustimmen als einem Muster von Zahlen, die nicht durch 2 oder 3 teilbar sind.
Was übrig bleibt, ist PPs Grundprämisse, die ihn in all seinem Tun bestärkt: Würde Tog ihm den Auftrag geben, die Welt zu erschaffen, so würde PP dies auf Grundlage eines einfachen Prinzips durchziehen. Es stellt sich die Frage, ob Tog nicht bessere Alternativen hat:
  • Ein Grundprinzip, das einfach zu erkennen ist, etwa eine Bevorzugung von geraden gegenüber ungeraden Zahlen, und nicht auf verklausulierten Primzahlstrahlen beruht.
  • Ein Grundprinzip, das sich wirklich vollständig umsetzen lässt, beispielsweise in einer Welt, die nicht so verdammt groß ist und in der alle Planeten wirklich auf Kreisbahnen um die Sonne kreisen.
  • Ein Grundprinzip, das ohne seltsame Figuren auskommt und den Teilchen die freie Wahl lässt, wie sie sich bewegen und ballen, so lange sie einfachen Regeln gehorchen.
Mit seinem Vorgehen kann PP jede Theorie des Universums "begründen", solange in ihr nur Zahlen vorkommen. Das aber heißt, dass alles, was PP sagt, beliebig und damit ohne Belang ist.

5 Fazit

Selbst, wenn man sich auf die Erzählung von PP einlässt und seinen Argumenten folgt, bleibt nichts übrig, was man Nutzen ist.
  • Die von ihm vorgeschlagenen Strukturen sind nicht ursächlich mit den Primzahlen verbunden, sondern mit den natürlichen Zahlen und der einfachen Arithmetik. 
  • Die von ihm gefundenen Muster und Zahlengleichheiten sind ein netter Spaß, doch begründen sie keinen ursächlichen Zusammenhang zum Verständnis der Welt.
  • Mithin gibt es keine Möglichkeit, mit diesen Mustern überhaupt etwas zu begründen. Man kann sie lediglich finden und sich darüber freuen.
  • Ein Beweis für Gott oder für eine grundlegende Weltstruktur wurde nicht erbracht, die Wissenschaften stehen noch und erfreuen sich bester Gesundheit.
  • PP ist mit seinem Lebenswerk gescheitert (oder hat wunderbare Satire geschrieben).  
Betrachte dagegen das Gesamtwerk der Wissenschaften! Mit den bisher gefundenen und formulierten Zusammenhängen wurde die moderne Zivilisation aufgebaut, vielfache Phänomene der Natur können beschrieben und vorhergesagt werden, komplizierte Gesetze ergeben sich auf verständlichem Weg aus einfachen, Widersprüche ergeben sich nur im Rahmen des Messungenauigkeit oder bei Verwendung vereinfachter Modelle. Ja, die moderne Physik hat auch strukturelle Konzepte entwickelt, die der Welt zugrunde liegen können. Dabei haben sie PP einen wichtigen Punkt voraus: Sie sind nicht a priori gültig, sondern können sich als falsch herausstellen. Dies ist kein Makel, wie es PP auffasst, sondern ein wichtiger Punkt. PPs Theorie, die er dogmatisch eingeführt hat, verträgt sich hingegen mit jedweder Welt, in der man zählen kann, womit sie alles begründen kann, mithin auch alles Falsche. Damit ist das "Primzahlkreuz" zwar symmetrisch, aber völlig nutzlos.

Merke: Akzeptiere, dass du fehlbar bist, und sei selbst dein ärgster Kritiker. Nur so wirst du, vielleicht, ein Stückchen Wahrheit in der Hand halten können.

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