Auch ich hatte dieses Bild vor Augen, als ich im Juni 2015 eine dazu passende Geschichte für die zweite Runde im Sommerturnier der Schreibwerkstatt schrieb.
Zug um Zug
Du hast von der Welt des Ritters gehört, ich bin mir sicher. Hast Bilder gesehen, dir damals in der Schule Gedanken gemacht, als du noch nicht so sehr mit deinem eigenen Leben beschäftigt warst. Vielleicht bist du seiner Welt auch nahe gekommen, hast dir überlegt, wie du in ihr bestehen würdest. Es besteht gar die Möglichkeit, dass du dich durch jahrelange Studien besser in ihr auskennst, als alle deine Freunde, alle Politiker, alle Großväter. Doch wer du auch sein magst: Du weißt ganz sicher nicht, wie grausam seine Welt ist.
Ritter: »Gestern wurde ich Zeuge, wie die Saatkrähen einander zerhackten. Diese imposanten Geschöpfe sind mir aus meiner Kindheit wohlbekannt. Ich bin durch ihr Krächzen aufgewacht, zu diesem Krächzen eingeschlafen und in dem Bereich dazwischen, der sich Tag nannte, unter ihrem Krächzen herangewachsen. Damals, in einer Zeit, in der noch Ordnung herrschte, stand direkt neben unserer Behausung – einer wehrhaften, kleinen Anlage – ein hoher Turm, auf dessen Zinnen sie saßen und warteten. Sie beobachteten aus schwarzen, wissenden Augen das Treiben der Menschen, und wenn sie Hunger hatten, flogen sie nicht auf die Felder, sondern ernährten sich vom Glück und Leid der Welt. Ich fand es nicht verwunderlich, sie nie ausfliegen zu sehen, und auch nicht, dass sie, anders als Amseln, übermenschlich groß waren. Wir Kinder kannten es nicht anders. Später, als ich das Land durchstreifte, erfuhr ich von einem tattrigen Bauern, dessen Bart schon fast den Erdboden berührte, von der Düsternis, die diese Vögel umgab. Erst, wenn die Welt in Trümmern liege und der König sie brauche, so sagte er, würden sie sich erheben und alles zerfleischen, was ihren Weg kreuzte. Ich hatte ihm, jung wie ich war, kein Wort geglaubt und ihn gewarnt, unseren König nicht mit schwarzer Magie in Verbindung zu bringen. Als er Jahre darauf einer der ersten war, die in den heimtückischen Schlachten fielen, sah ich mein Vorurteil bestätigt. Nur die uneingeschränkte Treue zum König war der rechte Weg, und dieser verhalf mir zu Pferd und Streitkolben. Selbst, als die Saatkrähen flogen, zögerte ich nicht, den Befehlen zu folgen. Besser ein König der Magie, als von einem übermächtigen Feind zerrieben zu werden.«
Du magst ihm einen schwachen Willen attestieren, sich so leicht den Oberen zu fügen, doch hüte dich, über Menschen zu richten, in deren Haut du nicht steckst, nicht stecken wirst, nicht einmal stecken kannst.
Was hat es wohl mit dieser Welt auf sich? Der Hinweise wird es genügend geben.